Richard Lugner

* 11.10.1932 in Wien
† 12.08.2024

Angelegt am 12.08.2024
1.418 Besuche

Über den Trauerfall (1)

Hier finden Sie ganz besondere Erinnerungen an Richard Lugner, wie z.B. Bilder von schönen Momenten, die Trauerrede oder die Lebensgeschichte.

Richard Lugner

12.08.2024 um 21:31 Uhr von Redaktion

Richard Siegfried Lugner (* 11. Oktober 1932 in Wien; † 12. August 2024 ebenda; Spitzname Mörtel) war ein österreichischer Unternehmer, Einkaufszentrum-Betreiber (Lugner City in Rudolfsheim-Fünfhaus), Reality-TV-Darsteller sowie Bauunternehmer und Projektentwickler. Lugner erlangte Bekanntheit in der Boulevardpresse durch seine zahlreichen Liebesbeziehungen und Eheschließungen, seinen alljährlichen Besuch am Wiener Opernball sowie als Kandidat für die Bundespräsidentenwahl und die Nationalratswahl. Er war Teil der sogenannten Seitenblickegesellschaft und wurde als „Society-Löwe“ bezeichnet. Laut Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Kronen Zeitung war er ein Wiener Original.
Leben
Herkunft und beruflicher Werdegang
Richard Lugner wurde am 11. Oktober 1932 in Wien als Sohn von Leopoldine Lugner und ihrem Ehemann, dem Rechtsanwalt Richard Lugner senior (* 29. November 1898 in Wien; verschollen seit März 1944) geboren. Am 1. April 1948 veröffentlichte die Wiener Zeitung eine Meldung, dass auf Ansuchen von Leopoldine Lugner ein Verfahren zur Todeserklärung kriegsvermisster Personen für ihren Ehemann eingeleitet worden sei. Richard Lugner sen. war seit März 1944 als Hauptmann der deutschen Wehrmacht im Anschluss an die Kämpfe bei Nowy Bug (Beresnegowatoje-Snigirjower Operation) in Kriegsgefangenschaft geraten und galt seitdem als verschollen. Die Familie – dazu gehörte auch der Sohn Roland (1934–2022) – lebte damals unter der Adresse Obere Donaustraße 53/6 im 2. Wiener Gemeindebezirk.

Nach Absolvierung seiner allgemeinen Schulausbildung legte Richard Lugner junior 1953 an der Technisch-Gewerblichen Bundeslehranstalt, Fachrichtung Hochbau, in der Schellinggasse im 1. Wiener Gemeindebezirk seine Matura ab. Die ersten Jahre seiner Berufslaufbahn absolvierte der als schüchtern bezeichnete Lugner bei einer Wiener Baufirma und wechselte dann in die Bauabteilung des Mineralölunternehmens Mobil Oil Austria, die zum US-Konzern Mobil Oil gehörte. Am 26. April 1962 erhielt er die Baumeisterkonzession und stellte noch im selben Jahr zwei Arbeiter und zwei Angestellte in seinem eigenen Unternehmen ein. Zwei Jahre später wurde am 19. September 1964 die Theresianische Akademie, an der Lugner mit seinem Unternehmen mitgearbeitet hatte, vom damaligen Bundespräsidenten Adolf Schärf im Beisein von Außenminister Bruno Kreisky eröffnet.

Zu diesem Zeitpunkt hatte sich Lugner bereits zwei Standbeine aufgebaut; so spezialisierte er sich auf die Renovierung von Altbauten und die Errichtung von Tankstellen und Service-Stationen. Während sich der Großteil der Konkurrenz in dieser Zeit um die zahlreichen Großaufträge der Wiederaufbauzeit und der Wirtschaftsexpansion bemühte, konnte sich Lugner mit seinem Unternehmen mit verhältnismäßig kleinen Aufträgen durchsetzen. Als die Revitalisierung die Neubauten auf der Grünen Wiese ablöste, konnte Lugner mit seinem Team zum Marktführer in diesem Bereich und zugleich zum größten gewerblichen Bauunternehmer in Wien avancieren. Für Aufsehen sorgten der Bau der Wiener Moschee und die Renovierung des Stadttempels der jüdischen Kultusgemeinde Wien. Im Laufe der Jahre erhielt er zahlreiche Revitalisierungsaufträge diverser Banken und Sparkassen und war in den 1980er-Jahren auch an der Umgestaltung des Deutschmeister-Palais für den OPEC Fund (OFID) hauptbeteiligt. In dieser Zeit arbeitete er mit zahlreichen namhaften Architekten – darunter etwa Georg Lippert oder Wilhelm Holzbauer – zusammen. 1982 wurde eine steirische Filiale der Baufirma Lugner in Graz eröffnet. Diese kümmerte sich vorrangig um den österreichweiten Tankstellenausbau sowie um Innenstadtrevitalisierungsprojekte. In den auftragsschwachen Jahren weitete er seine Bautätigkeit auf Bürohäuser mit angeschlossenen Tiefgaragen aus, während sein Unternehmen in dieser Zeit auf rund 600 Mitarbeiter anwuchs. Im Jahr der Grazer Filialeröffnung wurde der Baufirma Lugner das Recht zur Führung des Staatswappens von Handelsminister Josef Staribacher verliehen.

Lugner City

Das Einkaufszentrum Lugner City (2009)
Im September 1990 eröffnete er mit Eröffnungsgast Dagmar Koller die Lugner City in Wien, das damals siebtgrößte Einkaufszentrum in Österreich.

Ab 1997 zog sich Lugner sukzessive aus dem operativen Baugeschäft zurück und übergab die Leitung des Bauunternehmens, das jedoch weiterhin zu 100 % in seinem Eigentum blieb, an seine Söhne. 2003 wurde die Lugner City mittels einer Sale-Lease-Back-Variante der Volksbanken-Immoconsult übereignet. Zehn Jahre später erfolgte zum vertraglich frühestmöglichen Zeitpunkt im Wege eines Share Deals der Rückkauf. Im September 2005 wurde die Lugner Kino City eröffnet, ein Multiplex-Kino, das in elf Sälen Platz für 1840 Besucher bietet.

Seit 2007 wird jedes Jahr bei einem Casting in der Lugner City eine „Opernball-Prinzessin“ von einer Jury gekürt.

Mehrmals versuchte Lugner, gemeinsam mit seinem Hausanwalt Adrian Hollaender, für seine Lugner City die Begrenzungen der Ladenöffnungszeiten zu kippen. Dafür, und für die schlechten Arbeitsbedingungen, wurde Lugner vom Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB) mehrfach kritisiert. Lugner hat sich stets gegen einen Betriebsrat gewehrt und ließ sogar einen Mitarbeiter des ÖGB von einem Sicherheits-Beamten aus der Lugner City entfernen.

Obwohl selbst Nichtraucher, wandte er sich gegen das Rauchverbot in Lokalen.

Privatleben
Seinen Spitznamen „Mörtel“ erhielt er bereits als arrivierter Baumeister vom österreichischen Boulevardjournalisten Michael Jeannée. Bei der Partnerwahl ließ sich Lugner häufig von der Astrologin Gerda Rogers beraten.

Erste Ehe
Lugner heiratete im Jahr 1961 seine Jugendliebe Christine Gmeiner. Aus der Ehe gingen zwei Söhne Alexander (* 1963) und Andreas (* 1966) hervor. 1978 trennte sich das Ehepaar, blieb aber beruflich verbunden.

Zweite Ehe
1979 ging er mit Cornelia Laufersweiler seine zweite Ehe ein, die 1983 geschieden wurde.

Aus einer Beziehung mit Sonja Jeannine stammt die Tochter Nadine (* 1984).

Dritte Ehe
Seine dritte Ehefrau Susanne Dietrich (1956–1990), mit der er von 1984 bis 1989 verheiratet war, fiel infolge einer Schönheitsoperation ins Koma und starb.

Vierte Ehe
Von Juli 1991 bis August 2007 war er mit seiner vierten Frau Christina „Mausi“ Lugner verheiratet. Aus der Ehe ging die Tochter Jacqueline (* 1993) hervor, die im Juni 2024 den FPÖ-Politiker Leo Kohlbauer heiratete, der den Nachnamen Lugner annahm.

Danach folgte eine Reihe von Beziehungen, mit Bettina „Hasi“ Kofler (2008), Sonja „Käfer“ Schönanger (2008–2009), Nina „Bambi“ Bruckner (2009), Anastasia „Katzi“ Sokol (2009–2013), Bahati „Kolibri“ Venus (2013–2014).

Fünfte Ehe
Im September 2014 heiratete Lugner im Wiener Schloss Schönbrunn die aus Wittlich stammende 57 Jahre jüngere Cathy „Spatzi“ Schmitz. Im November 2016 folgte die Scheidung Cathy Schmitz bestätigte nach ihrer Ehe, dass sie von Lugner monatlich finanzielle Zuwendungen im Sinne eines Einkommens erhielt.

Sechste Ehe
Im Juli 2021 wurde die Beziehung zur 49 Jahre jüngeren, stellvertretenden Baumarkt-Filialleiterin Simone „Bienchen“ Reiländer bekanntgegeben, mit der er sich im Oktober 2021 verlobte. Die Hochzeit fand am 1. Juni 2024 im Wiener Rathaus statt; unter den Gästen war Ex-FPÖ-Chef und Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer.

Krankheit und Tod
Lugner machte jährlich seit über 30 Jahren die F.-X.-Mayr-Kur und unterzog sich Blutwäschen. 2016 wurde bei ihm Prostatakrebs diagnostiziert, den er aber durch eine mehrmonatige Strahlentherapie im Frühjahr 2017 für besiegt erklärte. Nachdem er sich 2020 bei einem Urlaub auf den Malediven verletzt hatte, folgte kurz danach durch den Schönheitschirurgen Artur Worseg die Diagnose Hautkrebs. Danach wurde er operiert und für krebsfrei befunden. 2021 kehrte die Erkrankung zurück, was eine abermalige Operation nach sich zog. Dem vorausgegangen war ein schwerer Sturz mit Operation und einem wochenlangen Krankenhausaufenthalt.

Im Juli 2024 unterzog sich Lugner einer Herzoperation. Am 12. August 2024 starb Richard Lugner im Alter von 91 Jahren in seiner Villa in Wien-Döbling.

Politische Ambitionen
1998 wurde Lugner bei der Bundespräsidentenwahl mit 9,91 Prozent der Stimmen vierter von fünf Kandidaten. Bei der Nationalratswahl 1999 erhielt er mit „Die Unabhängigen“ 1,02 Prozent der Stimmen.

Bei der Bundespräsidentenwahl 2016 erzielte er im ersten Wahlgang 2,26 Prozent. Lugner schloss, als ältester Kandidat der Zweiten Republik, eine weitere Kandidatur aus.

Kontroversen
In einer öffentlichen Kontroverse Anfang Februar 2007 warfen Abtreibungsgegner Lugner vor, mit der Vermietung von Raum in der Lugner City an das sexualmedizinische Zentrum VenusMed auch mitverantwortlich für die dort durchgeführten Abtreibungen zu sein. Dies führte zu einem öffentlichen Konflikt mit Weihbischof Andreas Laun.

Lugner stellte 2002 Scientology für eine Woche ein Grundstück für Öffentlichkeitsarbeit zur Verfügung. 2011 wünschte er in einer E-Mail an den Präsidenten der L.-Ron-Hubbard-Stiftung der Organisation „auch für die Zukunft alles Gute“, was als Sympathisantentum interpretiert wurde.

Nach Russlands Überfall auf die Ukraine sagte Lugner am 1. März 2022 im Sender Puls 4, man solle den FPÖ-Vorsitzenden Herbert Kickl „… irgendwann mal in die Ukraine schicken, damit sie ihn erschießen.“ Am Folgetag begründete Lugner seinen Ärger: Die FPÖ tue zu wenig gegen die „überbordende Zuwanderung“.

Am 16. Februar 2024 besuchte Richard Lugner in Begleitung von Ex-FPÖ-Chef Norbert Hofer den Wiener Akademikerball.

Mediale Auftritte
Lugner wurde der sogenannten Seitenblickegesellschaft zugerechnet. In den Medien wurde er zuweilen auch als „Society-Löwe“ bezeichnet.

Seit 2003 zeigte der Privatsender ATV die Reality-Soap Die Lugners nach dem Vorbild der US-Serie The Osbournes. In der seit 2007 ausgestrahlten Satiresendung Wir sind Kaiser bat Lugner seit seiner ersten Audienz am 3. Jänner 2008 als Running Gag jede Woche um eine Vorlassung zum Kaiser, wurde aber immer wieder abgewiesen. 2010 spielte er bei den Karl-May-Festspielen in Gföhl die Rolle des Mr. Buttler. 2016 war er mit seiner damaligen Frau in der RTL-II-Doku-Soap Lugner und Cathy – Der Millionär und das Bunny zu sehen.

Anfang 2019 war er in zwei Werbespots der Möbelhauskette XXXLutz zu sehen, welche seine Opernballbesuche thematisierten. Bei der alljährlichen Pressekonferenz, in der er seinen Stargast bekannt gab, war auch die Familie Putz anwesend, die er mit zum Opernball einlud.

Im Wiener Wachsfigurenkabinett von Madame Tussauds enthüllte er am 10. Oktober 2019 sein Ebenbild aus Wachs. Die ausgestellte Figur trägt seine typische Opernball-Kleidung mit Frack und Zylinder.

Wiener Opernball
Als Begleitung für seinen jährlichen Besuch des Wiener Opernballs engagierte Lugner seit 1992 üblicherweise einen prominenten Gast und nahm diesen in seine Loge mit. Der einzige Stargast, den er trotz mehrerer Versuche nicht bekommen konnte, war Liz Taylor. Am 13. November 2023 teilte er dem Standard mit, dass die Gästeauswahl von seiner Tochter Jacqueline getroffen werde.

1992: Harry Belafonte
1993: Joan Collins
1994: Ivana Trump
1995: Sophia Loren
1996: Grace Jones
1997: Sarah Ferguson
1998: Raquel Welch
1999: Faye Dunaway
2000: Jacqueline Bisset, Nadja Abd el Farrag
2001: Farrah Fawcett
2002: Claudia Cardinale
2003: Pamela Anderson
2004: Andie MacDowell
2005: Geri Halliwell
2006: Carmen Electra
2007: Paris Hilton
2008: Dita Von Teese
2009: Nicollette Sheridan
2010: Dieter Bohlen
2011: Karima „Ruby“ el-Mahroug, Larry Hagman, Zachi Noy
2012: Brigitte Nielsen, Roger Moore
2013: Mira Sorvino, Gina Lollobrigida
2014: Kim Kardashian, Kris Jenner
2015: Elisabetta Canalis
2016: Brooke Shields
2017: Goldie Hawn
2018: Melanie Griffith
2019: Elle Macpherson
2020: Ornella Muti
2023: Jane Fonda
2024: Priscilla Presley
Der Opernball entfiel in den Jahren 2021 und 2022 wegen der COVID-19-Pandemie.

Filmografie
1996–1998: Tohuwabohu (Fernsehserie)
2003–2024: Die Lugners (Fernsehserie)
2005: Richard Lugner – Die Story seines Lebens (Dokumentation)
2007–2024: Wir sind Kaiser (Fernsehserie)
2017: It Girl (Spielfilm, als er selbst)
2021–2024: Lugners Loveboat (Fernsehserie)
2022–2024: Lugner im Orient (Fernsehserie)
2023–2024: Die Lugners – Am Karneval in Rio (Fernsehserie)
2023: Verstehen Sie Spaß? (Fernsehserie, Gastauftritt als Lockvogel)
Diskografi
Chart­plat­zie­rungen
Erklärung der Daten
Singles
I bin der Lugner (olé olé)
     AT    29    08.10.2010    (3 Wo.)    
I bin der Lugner (olé olé). Single (Johnny Matrix Music; 2010)
Auszeichnungen
6. November 1987: Verleihung des Berufstitels Technischer Rat durch Bautenminister Robert Graf
26. April 1992: Verleihung des Silbernen Ehrenzeichens für Verdienste um das Land Wien, anlässlich des 30-jährigen Jubiläums seines Unternehmens
2024: Ehrenmitglied der Villacher Faschingsgilde

Dieser Artikel basiert auf dem Artikel https://de.wikipedia.org/wiki/Richard_Lugner aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported (Kurzfassung (de)). In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.